Die 6 goldenen Regeln guter Gastgeberschaft

Wenn man gern und häufig Familie und Freunde zu sich nach Hause einlädt, wie vielleicht jetzt zu Ostern, kommt es zwangsläufig immer mal zu dem einen oder anderen Missgeschick: Vielleicht ist der Bio-Braten zäh geraten oder das Mousse au Chocolat in der Konsistenz flüssig statt fluffig, und der Weißwein schmeckt auch nicht, weil zu warm – hätte man ihn doch bloß früher in den Kühlschranke gestellt!

Doch kein Grund von Einladungen deshalb komplett abzusehen, solche Pannen sind ein unvermeidlicher Teil der Bewirtungs-Experience, wenn man nicht zu den wenigen Glücklichen gehört, die reichlich Hauspersonal ihr Eigen nennen oder sich für solche Anlässe ein teures Catering inklusive Servicekräfte leisten können. Die meisten Gäste werden sowieso keine Perfektion erwarten, sondern mit Verständnis reagieren, wenn nicht alles klappt.

Was aber trotzdem sinnvoll ist: Den Anlass in Ruhe und mit ausreichend Vorlauf zu planen, um die häufigsten Fehler zu vermeiden. Denn jede Gasgeberin und jeder Gastgeber möchte doch, dass die liebevoll vorbereitete Einladung aus den richtigen Gründen (feines Essen, angenehmes Ambiente, gelungene Gästemischung …) in Erinnerung bleibt, und nicht wegen irgendwelcher Pannen.

1. Stress vermeiden durch gute Vorausplanung …

… ist das oberste Gebot: Wenn sich ein Gastgeber gestresst fühlt, überträgt sich das auf die Eingeladenen und kann zu einer unruhigen, latent angestrengten Stimmung den ganzen Abend über führen. Ein gewisses Maß an „Lampenfieber“ vorher ist zwar normal, aber es hilft, die wichtigsten möglichen Fallstricke schon mal geistig vorweg zu nehmen, und sie so zu vermeiden. Damit steigen die Chancen, dass Eure Abendeinladung zu einem Erfolg wird. Dass Ihr Euch rechtzeitig um Menüplanung, detaillierte Shopping-Listen (inklusive zeitlich gestaffeltem Einkaufen erst haltbarer, dann frischer Lebensmittel, je nach vorhandenen Kühlschrankkapazitäten) und das Thema Tischdekoration kümmert, sollte sich von selbst verstehen, zumal, wenn es um ein Feiertagsessen geht.

Profi-Tipp: Erstellt Euch eine Count Down-Liste ab einer Woche vor dem großen Abend, auf der Ihr für jeden Tag die zu erledigenden Aufgaben festhaltet (Getränke kaufen und kalt stellen, Tisch-Deko beim Floristen bestellen, Fleisch beim Bio-Bauen abholen, Tischdecke waschen und bügeln,  …) bis zum Tag des Events selbst, für den sich ein Tagesplan lohnt, wann welche Lebensmittel vorzubereiten sind und wann der Tisch fertig gedeckt sein musst, damit noch genug Zeit zum Frischmachen und Umziehen bleibt, kurz bevor die Gäste eintreffen. Und dann, ganz wichtig, das Timing: Der erste Gang des Essens sollte spätestens 45 Minuten nach Eintreffen des letzten Gastes auf dem Tisch stehen, und das Dessert spätestens um 22:30 Uhr serviert werden, damit bei den Gästen nicht das Gefühl aufkommt, der Abend würde sich ewig hinziehen, und sie müssten mindestens bis Mitternacht bleiben, um nicht als unhöflich zu gelten.

2. Weniger ist mehr

Auch sollte man sich nie ein zu anspruchsvolles Menü vornehmen, womöglich mit Gerichten, die man zum ersten Mal zubereitet, wenn schon sechs bis acht erwartungsfrohe Dinnergäste hungrig im Esszimmer sitzen. Lieber beim kulinarischen Anspruch einen Gang runterschalten und gerade für den Hauptgang ein eigenes Lieblingsgericht aussuchen, das bislang immer gern gegessen wurde, und ihm vielleicht mit einer interessanten Sauce oder exotischen Beilage eine neue Note verleihen. Familie und Freunden ist eine entspannte Gastgeberin allemal wichtiger, als „Hummer Thermidor“ auf dem Teller.

Hilfreich übrigens: eine Speisenauswahl, bei der man möglichst viele Komponenten schon am Nachmittag weitgehend vorbereiten kann. Sättigungsbeilagen wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln müssen auch nicht unbedingt ganz frisch gekocht werden, die kann man auch ein paar Stunden vorher schon garen und warm stellen, und dann kurz nacherhitzen, bevor sie auf den Tisch sollen.

Geheimtipp aus der Gastronomie: Falls Ihr den Tisch aufwändig decken möchtet mit viel schönem Porzellan, langstieligen Weingläsern und Silberbesteck, immer ein zusätzliches komplettes Gedeck nebenbei auf der Anrichte (oder bei Platzmangel im Nebenzimmer) deponieren!

Irgendjemandem fällt erfahrungsgemäß immer ein Besteckteil herunter, oder die Serviette hängt plötzlich in der Sauce oder ein Glas fällt um und zerbricht – jetzt nervös in Schränken und Schubladen herumzusuchen, um das Teil zu ersetzten, während in der Küche die Sauce überkocht, wäre Stress pur. Viel souveräner ist es, die Entschuldigungen des „Übeltäter-Gastes“ freundlich abzuwehren und mit einem gezielten Griff zur Anrichte für Ersatz zu sorgen.

3. Alkoholpegel im Blick behalten

Für jeden guten Gastgeber ist es wichtig, die Gläser der Eingeladenen im Blick zu behalten. Natürlich möchte man großzügig bewirten. Aber schon zum Apéritif sollte man alternativ zum Schaumwein oder Cocktail auch Wasser, Säfte oder Soft Drinks bereithalten (selbstverständlich ebenfalls in „guten“, also hochstieligen oder geschliffenen Gläsern). Vom Beginn des Abends an sollte man Wasser mindestens so reichlich nachschenken, wie Wein oder andere Alkoholika (aber, falls ein Gast sehr schnell trinkt, dort das Glas auch mal eine Weile strategisch unnachgefüllt lassen, das gehört zur Fürsorgepflicht des Gastgebers, zu seinem Wohl und dem der anderen Anwesenden, denn angetrunkene Gäste können zu einem echt peinlichen Störfaktor werden).

Wer keinen Alkohol trinken möchte, freut sich, wenn er keine inquisitorischen Fragen nach dem Grund beantworten muss (und schon gar nicht bei weiblichen Gästen nachhaken, ob Nachwuchs unterwegs ist!). Es versteht sich von selbst, dass die Gastgeberin oder der Gastgeber sich mit alkoholischen Getränken selbst eher zurückhalten sollte, zumindest, bis das Essen serviert und konsumiert ist. Es kommt nicht gut, wenn der „Manager“ des Abends sein eigener bester Gast ist, und den Ablauf der Einladung irgendwann nicht mehr im Griff hat.

4. Allergie-Alarm

Wenn einer Eurer Gäste einen anaphylaktischen Schock erleidet, weil Ihr vergessen habt, im Vorfeld nach eventuellen Allergien oder Lebensmittel-Unverträglichkeiten zu fragen, ist das ein furchtbarer Fauxpas, der schlimmstenfalls mit gesundheitlichen Folgen verbunden ist. Natürlich wird ein Gast, der schlimm allergisch ist, von selbst auf das Problem aufmerksam machen. Wer seine Einladung aber wirklich perfekt und vorausschauend organisieren möchte, wird alle Eingeladenen vorher einmal kontaktieren, nach Unverträglichkeiten und auch nach simplen Abneigungen fragen. Angefangen bei vegetarischer oder veganer Ernährungsweise, der Ablehnung von Lammfleisch, Innereien, Fisch oder scharfen Gewürzen, bis hin zu ernsthaften, also gesundheitlich bedenklichen, Unverträglichkeiten, sind das wichtige Informationen, die man im Idealfall dann auch gleich schriftlich festhält in einem Gästebuch (oder schlicht im Notizfeld des Kontakte-Eintrags auf dem Smartphone), für den Fall, dass man die Betreffenden irgendwann mal wieder einladen möchte.

5. Darüber spricht man (nicht)

Früher galt bei Tischgesprächen als eiserne Regel: Keine Politik, keine Religion, (zumindest bei uns in Deutschland) keine Geldthemen, und über Krankheiten wird auch nicht geklagt. Das wird heutzutage nicht mehr so super streng betrachtet, obwohl „weiche“ Themen wie Literatur, Theater, Reisen oder ähnlicher leichter Small Talk immer noch vorzuziehen sind. Wichtig ist aber: Für Gastgeber gehört es zu den wichtigsten Aufgaben, darauf zu achten, dass die Gäste sich wohlfühlen, keiner von der allgemeinen Konversation abgeschnitten stumm dasitzt, und eben auch, das Themenspektrum etwas zu dirigieren, falls eine Person zu lange die allgemeine Aufmerksamkeit für sich beansprucht oder eine Gruppe am Endes des Tisches sich zu sehr in den Einzelheiten eines von einem Gast jüngst erlittenen minimalinvasiven Herzkathetereingriffs verliert.

Thema Placement: Habt Ihr den engsten Familien- oder Freundeskreis zu Gast, wird sich im Zweifel jeder den Platz am Tisch und den Nebensitzer suchen, den er oder sie bevorzugt. Doch sind ein paar erst in jüngerer Zeit Hinzugekommene dabei, die noch nicht alle anderen kennen, oder ältere Verwandte, die nicht so flexibel in der Platzwahl sind, empfiehlt es sich, vorher in Ruhe eine Tischordnung zu machen. Um unnötiges Konfliktpotential in der Konversation zu vermeiden, bitte keine Gäste mit völlig konträren politischen oder religiösen Ansichten zusammensetzten, und immer im Kopf behalten, dass die neue Freundin des Bruders die Ex-Frau eines Cousins der eigenen besten Freundin ist, und man sie besser nicht neben der neuen Frau des Cousins platzieren sollte!

6. Zum guten Schluss

Ein großes Essen zu veranstalten, kann sehr anstrengend sein. Was tun, wenn Ihr als Gastgeberin oder Gastgeber irgendwann gen Mitternacht anderem Punkt seid, wo die Luft raus ist und Ihr echt gerne schlafen gehen würdet, doch ein oder zwei unermüdliche Gäste immer noch wie festgetackert auf ihren Stühlen sitzen und nach einem weiteren Glas Grappa fragen?

Keine (akzeptabel höfliche) Lösung ist es, ostentativ sämtliches Geschirr in die Küche zu tragen und lautstark mit dem Einräumen der Spülmaschine zu beginnen, um ein genervtes Zeichen zu setzen. Besser: Sich selbst auch noch einen letzten kleinen Absacker mit einschenken, ein letztes Mal gemeinsam anstoßen, dabei aber erwähnen, dass Ihr am nächsten Tag leider nicht ausschlafen könnt sondern der schöne Abend sich nun seinem Ende nähert. Die Frage, ob man ein Taxi bestellen dürfte, ist auch erlaubt.

Wer als Gast auf sich hält, wird das nicht übelnehmen, sondern sich nun nach dem gelungenen Abend auf den Heimweg machen.


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