Überall im öffentlichen Raum, in Schule, Büro und beim Sport ist sie heutzutage ein Thema, ist sozusagen in aller Munde: die wieder befüllbare Wasserflasche für unterwegs.
Nicht nur für junge Leute der „Gen Z“ sondern auch für viele ältere Menschen ist sie zu einer unverzichtbaren Begleiterin und irgendwie auch zu einem Statussymbol der gesunden und nachhaltigen Lebensführung geworden.
Das kommt nicht von ungefähr: In den letzten 20 Jahren wurden wir von Ärzten und Medien immer wieder ermahnt, ausreichend Wasser zu trinken, denn ohne ein bis zwei Liter Flüssigkeit am Tag könne unsere Gesundheit innerlich und äußerlich Schaden nehmen.
Mittlerweile sind diese Warnungen auf derart fruchtbaren Boden gefallen, dass sie beinahe schon zu einer Sucht ausgeartet scheinen. Außerdem vermeidet man so auch unnötigen Plastikmüll und schont damit die Umwelt, für viele Wasser-Fans Grund genug, um auf eine eigene Mehrweg-Trinkflasche umzusteigen.
Aber wie wirkt dieses Verhalten nach außen, könnte es sein, dass das ständige Herumtragen und immer wieder Schlucke nehmen, egal, wo man gerade ist, bei manchen unserer Mitmenschen auch Anstoß erregt?
Hier kommen ein paar Gedanken zum Thema „Wasserflaschenmanieren“:
Wasser für unterwegs!?
Ist es OK, unterwegs auf offener Straße mit der Flasche sichtbar in der Hand herumzulaufen, und im Gehen fortwährend daraus zu trinken?
Ich meine, nein! Es ist wie mit dem Rauchen oder Kaffee-aus- Pappbechern-trinken: Auch das gehört eigentlich nicht auf die Straße, weil es erstens unappetitlich aussieht und es zweitens die Gefahr birgt, andere Menschen zu belästigen (beispielsweise mit Brand-, Kaffee- und Wasserflecken, wenn man unversehens anderen Passanten zu nahe kommt im Straßenverkehr).
Wenn nicht gerade eine Hitzewelle herrscht, sollte ein gesunder, erwachsener Mensch schon in der Lage sein, auf dem Weg ins Büro oder zu privaten Terminen nicht permanent an der Getränkeversorgung zu hängen. Wer gerade nach längerem Fußmarsch oder schweißtreibender Fahrradfahrt irgendwo angekommen ist, kann dann ja am Ziel kurz innehalten oder beim Abstellen des Bikes zur Flasche greifen.
Professionelle Zurückhaltung üben
Während eines wichtigen Meetings mit dem Chef (oder gar bei einem Vorstellungsgespräch!) aus einer mitgebrachten Wasserflasche zu trinken, macht ebenfalls keinen guten Eindruck. Wir alle wissen, dass der Mund trocken werden kann, wenn wir nervös sind. Wenn Euch also im professionellen Umfeld ein Glas Wasser angeboten wird, einfach annehmen und ab und zu vorsichtig und diskret einen kleinen Schluck daraus trinken. Wer mitten im Gespräch umständlich seine eigene Flasche aus dem Rucksack hervorkramt, um dann geräuschvoll daraus zu trinken, wirkt schnell, als könne er seine Impulse nicht kontrollieren, nicht mal bei einem wichtigen Termin. Das zeugt nicht gerade von professionellem Verhalten.
Das gilt übrigens auch für Video Calls mit Kolleginnen und Kollegen: Öfter zwischendurch die Flache anzusetzen vor laufender Kamera ist nicht cool, sondern schlicht unerzogen. Wenn man schon bei der Online-Besprechung etwas konsumieren muss, dann bitte Kaffee/Tee aus der Tasse oder Wasser aus einem Glas.
Besondere Anlässe respektieren
Bei einer Hochzeit, einer Beerdigung oder einem anderen feierlichen Anlass ist es unangebracht, aus einer Wasserflasche zu trinken. Das sind sowieso keine Umstände, unter denen man etwas zu sich nehmen sollte. Wie oben erwähnt: Mal eine Stunde lang auf Flüssigkeitszufuhr zu verzichten, dazu sollte ein erwachsener Mensch schon in der Lage sein, wenn er nicht gerade einen Marathon läuft.
Im Restaurant Wasser bestellen
Achtung, es geht wirklich gar nicht, in einem Restaurant oder bei Freunden zuhause im Rahmen einer Einladung aus der eigenen Flasche zu trinken! Wenn kein Wasser angeboten wird, ist es immer akzeptabel, höflich um ein Glas (Leitungs-) Wasser zu bitten. Im Restaurant muss man auch nicht unbedingt Geld für teures Mineralwasser ausgeben, wenn es einem nicht auf Sprudelwasser ankommt. Es ist mittlerweile durchaus üblich, um Leitungswasser zu bitten, wie es in den USA beispielsweise schon immer gehandhabt wurde.
Ausnahme: Wenn Ihr gerade im Coffee Shop in der Schlange für ein Heißgetränk-to-go ansteht, ist es OK, zwischendurch mal einen Schluck zu nehmen, bevor man wieder aus der Tür ist – aber nicht, wenn man stundenlang mit dem Laptop dort sitzt und arbeitet, deren Gratis-WLAN nutzend. Dann gebieten die guten Sitten, alle Getränke, die Ihr in dieser Zeit zu Euch nehmt, vor Ort zu kaufen.
Achtung, Geräuschentwicklung!
Wer statt wiederverwendbarer Wasserflaschen das Einweg-Plastikmodell aus dem Supermarkt vorzieht, sollte aufpassen. Ein sehr langer Schluck mit Sogeffekt kann dazu führen, dass das Plastik zusammengedrückt wird, begleitet von peinlichen, störenden Geräuschen – nicht ideal, wenn Ihr versucht, in Eurem Umfeld möglichst durchgängig souverän zu wirken.
Flasche teilen? Pro und Contra
Wäret Ihr bereit, einem Freund oder Familienmitglied einen Schluck aus Eurer Flasche anzubieten? Ist es unhöflich, bei einem Spaziergang oder an einem besonders heißen Tag sein eigenes Wasser zu verbrauchen und es nicht an durstige Mitmenschen weiterzugeben?
Wir alle wissen, dass bestimmte Krankheiten (z. B. Covid, Erkältungen, Grippe) über den Speichel übertragen werden können, also sollte man das riskieren?
Das ist schon eine sehr persönliche Angelegenheit: Während manche Menschen sich nicht daran stören, ihr Wasser mit engen Freunden zu teilen, gibt es viele Menschen, die vor der Idee zurückschrecken.
In letzterem Falle besteht die einzige höfliche Antwort darin, Wasserwünschenden zu erklären, dass Ihr Bedenken wegen Hygiene und Ansteckungsgefahr habt, und Eure Flasche mit allen eventuell vorhandenen Keimen deswegen niemandem zumuten möchtet.
Das Thema ist potenziell unangenehm, weil Menschen unterschiedlich empfindlich sind in diesen Dingen. Deswegen ist es auch immer am besten, selbst nicht um einen Schluck aus der Flasche eines Freundes zu bitten, es sei denn, es wird freiwillig angeboten.
Und fühlt Ihr Euch doch einmal genötigt, Eure streng gehütete eigene Trinkflasche jemand anderem zu reichen, vermeidet es hinterher nach der Rückgabe, den Flaschenhals demonstrativ abzuwischen (das sollte dann später außer Sichtweite geschehen). Das könnte als Beleidung aufgefasst werden.
Zum guten Schluss
Es sollte selbstverständlich sein, die eigene Mehrweg-Trinkflasche täglich sorgfältig mit einer Flaschenbürste zu reinigen, wenn sie nicht spülmaschinenfest ist – auch, wenn man sie nur selbst verwendet. Denn anderenfalls können sich schnell Ablagerungen und Keime bilden, inklusive unangenehmer Geruchsentwicklung. Und eine müffelnde Trinkflasche möchte niemand auf dem Schreibtisch des Nachbarn ungewollt mit ertragen müssen.